Künstler-Porträt: Ein paar Fragen an Alexandar Hadjiev.

Wer sind die Menschen und Persönlichkeiten, die hinter ALL OUR FUTURES stecken? In Teil 2 unserer Porträtreihe befragen wir Alexandar Hadjiev. Der Fagott-Spieler, Experimentalmusiker und Musikperformer gehört zum Künstler:innen-Trio der Gruppe OST. Im Gespräch erzählt er, wie er als Zugezogener die Stadt erlebt, wieso ihn die Arbeit mit den »All Our Futures« manchmal alt fühlen lässt –und was zumindest die nähere Zukunft bringen wird.

Du bist in der Neuen Musik zu Hause. Kann man das so sagen?

Genau, eigentlich komplett – dort, und in der Performance. Ich habe Klassische Musik in Essen studiert, in Frankfurt dann eine Ausbildung beim Ensemble Modern gemacht, an der HfMDK (Hochschule für Musik und Darstellende Kunst) bin ich in die Musik-Performance eingestiegen. Ich bin quasi alles (lacht) – also ich bin kein Musiker, der nur im Orchester oder im Ensemble spielt.

Zusätzlich bist du neben der Kunst seit vielen Jahren auch in der Kunstvermittlung tätig. Wie verändert das die Art der eigenen Kunstproduktion?

Ich habe schon einige Jahr mit verschiedenen Schulen in Frankfurt gearbeitet. Das war und ist sehr wichtig für meine künstlerische Arbeit – man sieht: jede neue Generation denkt anders, man merkt eigentlich, wie alt wir sind, wie viel innovativer die Kids sind. Das wirkt natürlich auf die Art, wie und was ich mache, zurück.

Die zweite Spielzeit neigt sich dem Ende zu. Wie lautet dein Zwischenresümee?

Ich finde, in diesen zwei Jahren hat sich eine Menge getan. Konkret ist das schwieriger zu sagen. Es ist einfach ein Prozess: Wenn man den plötzlich beschreiben sollte, klingt das für Außenstehende sehr abstrakt. Es könnte auch einmal nur ein Gespräch sein, in dem sich ganz viel entwickelt, in dem ganz viel passiert.

Viele Kinder, mit denen wir jetzt zusammenarbeiten, haben vielleicht am Anfang einmal gelesen »Schauspiel Frankfurt« – das weckt sofort Assoziationen und auch Erwartungen. »Ah, Shakespeare!« Aber das ist es eben nicht und das wird auch in unserem Projekt nicht stattfinden. Es geht hier nicht darum, irgendjemanden zum Theater oder zur Musik zu »bringen«. Wir machen ja keine Theater-AG. Vielleicht findet der ein oder andere später tatsächlich zum Theater. Aber das ist nicht unser erstes Ziel. Was man lernt: Wie kann ich mit anderen Menschen arbeiten, zusammen sein, die nicht in meiner »Comfort Zone« vorkommen. Wie wollen wir zusammenleben, was wollen wir verändern? Es geht darum zu verstehen, was sich diese Generation vorstellt, was sie sich wünscht…es ist eine spannende Reise (lacht).

Gibt es eine Situation oder einen Moment aus den Proben, der dir besonders hängen bleibt?

Es gab eine Situation, die war ein bisschen schwierig. Da trafen wir mit zwei Gruppen zur gemeinsamen Probe zusammen. Das Thema lautete: Wozu ist Wut nützlich? Da gab es einen Moment, in dem viele Missverständnisse zusammenkamen. Die eine Gruppe hat das Thema mit vielen Schimpfwörtern umgesetzt – die andere nahm das vielleicht persönlich. Aber letztlich ist aus diesem Konflikt heraus dann ein richtiges Gespräch geworden. 

Dieser Schritt zurück, die Möglichkeit, was passiert zu reflektieren und sich auch kritisch zu fragen: Warum passieren Dinge? Welchen Anteil habe ich daran? Das ist einer der großen Erfolge des Projekts, finde ich: Man kann darüber reden. Alle sind sehr aktiv, am Austausch interessiert. Das war am Anfang sehr schwierig.

Wo geht die Reise hin?

Das finde ich schwierig und spannend zugleich zu beantworten: Wir wissen bei diesem Projekt nie, wo es hingeht. Die Kinder schauen natürlich nach vorne, sind aufgeregt, endlich im Großen Schauspielhaus aufzutreten. Ich selbst wünsche mir und hoffe, dass wir ihnen zeigen können: Es gibt noch etwas anderes als Computer, die ganze Zeit vor dem Bildschirm hocken. Eine andere Welt.


Du bist wie viele Frankfurter Zugezogener, hast schon in diversen Städten und Ländern gelebt. Ein Satz, ein Eindruck, den du mit Frankfurt verbindest?

Uff, ich würde sagen: Obwohl es eine recht kleine Stadt ist, ist hier relativ viel los. Eine komplette Transitstadt, in der Mitte von Europa, überall gleichzeitig. Auch in meiner Umgebung habe ich den Eindruck: Viele Leute kommen, viele gehen. Frankfurt verändert sich schnell, die Gesellschaft bleibt nicht gleich. Aber wie gesagt: Ich bin vielleicht nicht die richtige Person, um das zu beantworten, ich bin selbst ständig unterwegs.

Ein Wunsch für oder an die Stadt?

Vielleicht: Dass sich eine alternative Szene entwickelt. Da ist in anderen Städten schon mehr los, finde ich. Große Sachen gibt es überall – aber eine Off-Szene, sympathische kleine Orte, die vermisse ich hier doch etwas.

Vielen Dank für das Gespräch!