Auf in den Frankfurter Westen: Mit der S2 durch Griesheim, vorbei an Nied bis nach Höchst, Baustellengewirr am Bahnhof, dann die erste rechts und durch das Eisentor auf den gepflasterten Pausenhof der Hostatoschule mit den beiden betongrauen Tischtennisplatten. Heute ist aber irgendwas anders – der Theaterraum ist geschlossen und weit und breit ist einfach niemand zu sehen. Und jetzt? Vielleicht im Datum geirrt? »Haaaalloooooo!« ruft es da aus dem Treppenhaus. »Wir sind heute hier oben, im Klassenraum.« Aha, daran liegt’s. Im dritten Stock geht es in einen sonnengelben Raum, an den Wänden Collagen aus Zeitschriftenschnipseln und natürlich die üblichen Klassenzimmer-Dos-and-Don’ts. Von der Decke ranken hier und da pastellige Blumen aus Krepppapier, bunte Abziehbilder leuchten an der Fensterfront – sogar ein einzelner Weihnachtsmann klebt da noch in der Frühlingssonne.
Die Tische sind zu einem ›U‹ zusammengeschoben und die Künstlerinnen Florence und Britta rollen lange Packpapierbahnen darauf aus. »… heute sind wir nämlich richtig viele, weil wir zum ersten Mal mit der Hostato- und der Walter-Kolb-Schule gemeinsam arbeiten.«, bringt uns Leander, der dritte von insgesamt vier Künstler*innen im Team WEST, auf den neuesten Stand, »Das ist ja eigentlich erst für das zweite Jahr vorgesehen, wenn alle Gruppe ›auf Reisen‹ gehen, aber wir wollten es schon mal für das große Try Out Ende Mai im Bockenheimer Depot probieren.« Zum Aufwärmen dreht Britta die Boxen auf – erinnern sich alle noch an ihren ›Gang in die Zukunft‹? Auch wenn im Klassenzimmer viel weniger Platz als unten in der Ripperger-Halle und noch viel weniger Platz als im Bockenheimer Depot ist: Phantasie ist alles und die große Bühne entsteht für’s Erste im Kopf.
Baran macht den Anfang und durchquert mit kräftigen Schritten den Raum, boxt dazu rhythmisch in die Luft. Yasemin folgt und baut den ein und anderen Hip Hop-Move ein. Mit den charakteristisch kantigen Bewegungen eines Roboters kommt David um die Ecke und Ryan bleibt einfach er selbst: »Mein Gang ist Ryan pur.« Zwischendurch ein kurzer Blick auf die Uhr: Die erste halbe Stunde ist fast vorbei und gleich stehen die Gäste aus der Walter-Kolb-Schule vor der Tür. Das Klassenzimmer füllt sich, für fast 40 Kinder ist es definitiv nicht gemacht. Im ›Zukunfts-Lauf‹ durchmischen sich jetzt die beiden Gruppen, formen miteinander ein großes Standbild und verharren im Freeze: Ob Sitzen, Liegen oder Stehen – jede Position soll vorkommen! Gar nicht so einfach, still stehen zu bleiben, wenn die Beine der Mitschülerin auf den Schultern getragen oder der Arm des Vordermanns gestützt werden muss. 
Im Klassenraum zwei Türen weiter bastelt Leander mit dem Aufnahmegerät bereits an Soundcollagen und Interview-Geschichten rund um das Thema ›Essen‹. Stürmisch wird die Tür aufgestoßen, Ikram kommt lachend zurück – sie hat gerade nebenan ihre Beobachtungen auf Band gesprochen. »Bei uns ist das Abendessen ganz anders als in Deutschland. Von unserm Balkon aus habe ich schon öfter gesehen, wie die deutschen Nachbarn abends Brot essen, aber auf so ganz kleinen Tellern. Nur Brot. Bei uns sind die Teller viel größer und wir machen immer was Warmes.« Und endlich dürfen auch die Papierbahnen bemalt und beschrieben werden. Wie sieht denn eigentlich euer Schulweg aus? Agnes und Morsal ziehen mit dem schwarzem Edding dicke Linien über den Quadratmeter vor ihnen: »Ab hier ist immer Lidl, für alle … Da gibt es nur noch den einen Weg zur Schule.« Schräg gegenüber werden schnell noch die Zeiger einer Uhr dazugemalt: »An der anderen Schule wurde ich leider nicht genommen, deshalb muss ich jetzt immer so weit fahren.« Über eine Stunde dauert der Schulweg und ist ein dutzend Haltestelle lang. 
»Stellt euch mal vor,«, ruft Kristin die letzte Aufgabe in den Raum, »ihr könntet eine Tüte Zukunft kaufen. Was sollte denn unbedingt da drin sein?« 1x Japan. Ein Zoo. Eine Welt ohne Krieg. Ein Baby-Tiger. Eine Familie, die keine Faxen macht., ist später auf den zerknitterten Bahnen zu lesen.