Astrid Kießling-Taşkın, Vorständin Commerzbank-Stiftung
Liebe Frau Kießling-Taşkın, ALL OUR FUTURES war ein Projekt mit einem großen zeitlichen und personellen Umfang. Wie haben Sie als fördernde Stiftung den Projektverlauf wahrgenommen? War es leicht oder schwieriger, den Überblick zu behalten? Gab es vielleicht auch Momente, die Sie überrascht haben?
Es wurde schnell deutlich, wie komplex und herausfordernd ein derart umfangreich und vielschichtig angelegtes Projekt ist – in diesem Format war das für das Schauspiel Frankfurt ja ein absolutes Novum. Nicht nur der Umfang und die Dauer des Projekts waren hier entscheidend, sondern aus meiner Sicht auch die Heterogenität der Beteiligten, von den Jugendlichen aus drei Frankfurter Stadtteilen und deren unterschiedlichen Schulen über die Künstlerinnen und Künstler bis hin zum Schauspiel selbst, und natürlich auch uns als breite Fördergemeinschaft. Wir waren erst einmal begeistert vom Mut aller Teilnehmer:innen, dieses Wagnis mit durchaus offenem Ausgang überhaupt einzugehen. Das Ganze war eine Kombination aus agiler Planung und kreativem Labor. Durch die Vermittlung des Prozesses über den Projekt-Blog, die Website des Schauspiels und die öffentlichen Tryouts konnte man die Entwicklung auch von außen gut begleiten. Überrascht hat mich bei den Aufführungen die Ernsthaftigkeit und Individualität der Inszenierungen, die tatsächlich sehr authentisch waren mit Blick auf den gewählten Ausdruck und die verhandelten Themen.
Es wurde schnell deutlich, wie komplex und herausfordernd ein derart umfangreich und vielschichtig angelegtes Projekt ist – in diesem Format war das für das Schauspiel Frankfurt ja ein absolutes Novum. Nicht nur der Umfang und die Dauer des Projekts waren hier entscheidend, sondern aus meiner Sicht auch die Heterogenität der Beteiligten, von den Jugendlichen aus drei Frankfurter Stadtteilen und deren unterschiedlichen Schulen über die Künstlerinnen und Künstler bis hin zum Schauspiel selbst, und natürlich auch uns als breite Fördergemeinschaft. Wir waren erst einmal begeistert vom Mut aller Teilnehmer:innen, dieses Wagnis mit durchaus offenem Ausgang überhaupt einzugehen. Das Ganze war eine Kombination aus agiler Planung und kreativem Labor. Durch die Vermittlung des Prozesses über den Projekt-Blog, die Website des Schauspiels und die öffentlichen Tryouts konnte man die Entwicklung auch von außen gut begleiten. Überrascht hat mich bei den Aufführungen die Ernsthaftigkeit und Individualität der Inszenierungen, die tatsächlich sehr authentisch waren mit Blick auf den gewählten Ausdruck und die verhandelten Themen.
Wer nun ein ähnliches Projekt plant, gleich in welchem Maßstab, und sich nach Fördermöglichkeiten umsieht: Was muss gegeben sein, damit Sie ein Projekt überzeugend finden und unterstützen? Was ist Ihr wichtigster Ratschlag, aus Stiftungssicht, für Projektentwickler:innen?
Für uns muss deutlich werden, dass ein Projekt, auch wenn es endlich ist, einen strategischen Ansatz verfolgt. Wichtig ist auch, dass da, wo „vielfältige Zielgruppen“ drauf steht, diese auch letztlich drin sind, sprich: Wir wollen verstehen, warum gerade diese oder jene Partner:innen oder Teilnehmer:innen für ein Projekt gewonnen werden sollen; welchen Impact dies auf die Kultureinrichtung selbst haben soll und wie eine niedrigschwellige Ansprache von zum Beispiel Jugendlichen konkret aussieht. Als Förderstiftung gehen wir sehr pragmatisch an Förderanträge heran und fragen uns immer, ob ein hoch ambitioniertes Konzept letztlich in der Realität bestehen kann. Gleichzeitig honorieren wir mutige Ideen und transformative Wege.
Stichwort Teilhabe: Welchen Beitrag kann oder auch soll (Jugend-) Theater hier leisten, damit es nicht bei einem Schlagwort bleibt, damit nicht doch immer wieder dieselben Menschen gemeint sind?
Dies kann ich natürlich nur aus Sicht einer Stiftung beantworten, die wirklichen Expertinnen und Experten sind hier in den Theatern selbst. Denn letztlich ist es ja nichts Neues: Kultur oder eben Theater ist, wie ich finde, kein Zweck an sich, sondern braucht das Gegenüber, die Reibung. Zukunftsfähigkeit wir in der Gegenwart verhandelt und zwar mit der Gesellschaft in all ihrer Vielfalt. Es genügt nicht, toll inszenierte Stücke für Schulklassen anzubieten, sondern ich glaube, gerade die jungen Menschen müssen aktiv in die Häuser geholt und eingebunden werden. Sie müssen Wirksamkeit erfahren. Überspitzt ausgedrückt: Theater konkurriert heute mit einer bestechenden Netflix-Welt. Aber wenn ich als Jugendliche erlebe, dass Theater – wie bei All Our Futures – nicht nur etwas mit meinem Leben zu tun haben kann, sondern ich darin auch wirken kann, dann erkenne ich vielleicht den Unterschied und, wenn ich es so sagen darf, den kulturellen Wert.
Vielen Dank für das Gespräch!
Für uns muss deutlich werden, dass ein Projekt, auch wenn es endlich ist, einen strategischen Ansatz verfolgt. Wichtig ist auch, dass da, wo „vielfältige Zielgruppen“ drauf steht, diese auch letztlich drin sind, sprich: Wir wollen verstehen, warum gerade diese oder jene Partner:innen oder Teilnehmer:innen für ein Projekt gewonnen werden sollen; welchen Impact dies auf die Kultureinrichtung selbst haben soll und wie eine niedrigschwellige Ansprache von zum Beispiel Jugendlichen konkret aussieht. Als Förderstiftung gehen wir sehr pragmatisch an Förderanträge heran und fragen uns immer, ob ein hoch ambitioniertes Konzept letztlich in der Realität bestehen kann. Gleichzeitig honorieren wir mutige Ideen und transformative Wege.
Stichwort Teilhabe: Welchen Beitrag kann oder auch soll (Jugend-) Theater hier leisten, damit es nicht bei einem Schlagwort bleibt, damit nicht doch immer wieder dieselben Menschen gemeint sind?
Dies kann ich natürlich nur aus Sicht einer Stiftung beantworten, die wirklichen Expertinnen und Experten sind hier in den Theatern selbst. Denn letztlich ist es ja nichts Neues: Kultur oder eben Theater ist, wie ich finde, kein Zweck an sich, sondern braucht das Gegenüber, die Reibung. Zukunftsfähigkeit wir in der Gegenwart verhandelt und zwar mit der Gesellschaft in all ihrer Vielfalt. Es genügt nicht, toll inszenierte Stücke für Schulklassen anzubieten, sondern ich glaube, gerade die jungen Menschen müssen aktiv in die Häuser geholt und eingebunden werden. Sie müssen Wirksamkeit erfahren. Überspitzt ausgedrückt: Theater konkurriert heute mit einer bestechenden Netflix-Welt. Aber wenn ich als Jugendliche erlebe, dass Theater – wie bei All Our Futures – nicht nur etwas mit meinem Leben zu tun haben kann, sondern ich darin auch wirken kann, dann erkenne ich vielleicht den Unterschied und, wenn ich es so sagen darf, den kulturellen Wert.
Vielen Dank für das Gespräch!
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